CARLA ÅHLANDER
WORKS

BIOGRAPHY

CONTACT

TEXTS
 
Und das sehe ich ziemlich nüchtern (Ausschnitt)
Waltraud (geboren in Grünberg, Schlesien, 1941, lebt in Berlin):

Also ich… kann es ja nur aus meiner Sicht so sagen – Also für mich, ist nach der Wende ein Rückschritt in der Gleichberechtigung der Frauen der DDR eingetreten, in ein Maße den ich mir nicht hätte vorstellen können.

Probleme die ich heute höre, sind niemals Probleme der Frauen der DDR gewesen. Mir muß keiner sagen wann ich mich weiterbilden muß, das wußte ich selbst. Mir muß keiner vorgehen das man mir nicht auf den Hinteren klopft – also sexuelle Belästigung das ist wie Idee in der DDR nie gekommen. Heute weiß ich das es ein Problem sein kann – also, alle solche Dinge, die eigentlich heute mir deutlich gemacht werden worüber und womit sich Frauen im Westen beschäftigt haben. Und das ist für mich also eine… bis dahin das also die Frage der Interoption, also der Selbstbestimmung der Frau wenn sie ein Kind kriegt, das das aufgehoben wurde, das sind Dinge die wir uns als Frauen in der DDR erstritten haben. Und die sind jetzt einfach fallen gelassen worden, nicht! Das ist also, Grundvoraussetzung, für die Gleichberechtigung der Frau! Daß sie selbst bestimmen kann wann sie Mutter wird, und wie sie ihr Leben gestalten will! Und das alles sind Dinge die völlig weg sind! Ja, also das die Kirche da mitredet und sowas! – Neh!

Und ich muß sagen, diese Gleichberechtigung ist für mich eines der größten – der Verlust der Gleichberechtigung – und die Frauen, eines der größten Opfer der Wende. Und das sehe ich ziemlich nüchtern. Es gibt also auch anderen die andere Meinung sind, aber ich habe es selbst so erlebt und ich empfinde das nach wie vor als ein Hohn wie Frauen hier also in dieser Gesellschaft eingeordnet sind, nicht? Das kann also…! Wo Frauen sich in der DDR angestellt haben um Fleisch zu kriegen, da sprach man davon, das die Frau praktisch eine Doppeltbelastung hatte – die haben wir gerne auf uns genommen, weil wir das eine und das andere wollten. Das ist etwas was nichts, aber auch gar nichts mit der Degradierung der Frauen in der DDR zu tun hatte. Aber die Degradierung der Frauen in der Bundesrepublik zeigt sich zichfach! – das Frauen wieder Einstiegsstipendium ins Berufsleben kriegen müssen, das man ihnen also Hilfe geben muß, damit sie wieder arbeitsfähig sind – das sind alles Dinge über die wir uns nie ein Kopf gemacht haben, weil die Frau genau so auf dem Arbeitsmarkt eingebunden war, wie der Mann.

Und es gab also keine unterschiedlichen Löhne und Gehälter für Männer und Frauen. Ja, und es gab auch keine Vorbehalte, gegen Frauen wenn sie Kinder haben – alles was heute bei der Frage der Gleichberechtigung der Frau immer wieder hochkommt. Die Frau ist also praktisch dazu da Kinder zu kriegen und praktisch eventuell noch ein Haushalt zu führen, aber für mehr, das meiner Meinung nach, ist dieser Gesellschaft für die Frau nicht übrig.

Und da wollen… An diese heißen Eisen gehen die Frauen dann eben nicht ran, neh, die machen irgendwelche Frauenthemen und Frauenzentren und es sind auch alles sicher eine wichtige, nötige… aber es ist immer nur an der oberfläche! Es geht nicht bis in die Tiefe! Es wird keiner die sozialen Maßnahmen schaffen die der Frau es ermöglichen, gleichberechtigt zu arbeiten. Das ist eine Grundfrage der Gesellschaft.
back